Soziale Realitäten der „deutschen Volksgemeinschaft“
Die soziale Realität der deutschen „Volksgemeinschaft“
Die Nationalsozialisten versuchten eine „Volksgemeinschaft“ nach ihren Vorstellungen zu formen. Für eine realistische Einschätzung der gesellschaftlichen Entwicklung ist es indessen erforderlich, genau zwischen der symbolischen und der realen Ebene zu unterscheiden, beispielsweise zwischen Propaganda und sozialer Realität.
Grundsätzlich stellt sich die Frage, wie sich das Verhältnis zwischen Alltagsleben und dem „schönen Schein des Dritten Reichs“ (Peter Reichel) gestaltete. In diesem Kontext eröffnen sich vielfältige Perspektiven und Fragen, von denen hier einige aufgeworfen werden, die im Bereich Lebens- und Arbeitswelt Relevanz besitzen.
Die Verringerung bzw. Beseitigung der Arbeitslosigkeit war ein zentraler Programmpunkt der Nationalsozialisten. Existierte das „Wunder der Arbeitsschlacht“, oder wurde Arbeitslosigkeit in erster Linie durch Arbeitsplätze in der Rüstungsindustrie beseitigt? Wie entwickelten sich die Arbeitsverhältnisse? Mündete das proklamierte „Recht auf Arbeit“ schließlich in Formen der Zwangsarbeit?
Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang den betrieblichen Verhältnissen zu. Die Umstrukturierungen der Arbeitswelt – Arbeitgeber wurden zu „Betriebsführern“, Arbeiter zur „Gefolgschaft“ – dienten nach nationalsozialistischer Auffassung dem Ziel der „Überwindung des Klassenkampfes“. Spiegelten sich die Propagandaphrasen vom „Adel der Arbeit“ und der „Würde des Arbeiters“ im realen Arbeitsleben wider?
Ebenso zentral sind Fragen, die auf konkrete Arbeitsbedingungen zielen, wie Fragen nach der Entwicklung von Löhnen, Arbeitsintensität und Arbeitszeit oder nach den Möglichkeiten von Arbeitsniederlegungen und Streiks nach der Zerschlagung der Gewerkschaften.
Die Versorgung mit Gütern und die Wohnsituation prägen Lebenswelten auf ganz besondere Weise. Wie aber entwickelten sich Lebensmittelversorgung und Konsum im „Dritten Reich“? Wie wohnte der „Volksgenosse“, wie waren Quantität und Qualität des Wohnraumes beschaffen?
Dass sich die deutsche „Volksgemeinschaft“ wesentlich über den Ausschluss bestimmter Gruppen definierte, darf bei den Überlegungen nicht außer Acht gelassen werden: Wie wurden rassisch, sozial, politisch oder konfessionell stigmatisierte Mitbürger ausgegrenzt, verfolgt und vernichtet?