„Reisen und Rassismus“

„Reisen und Rassismus“ Dokumente und pädagogische Materialien, ein „pädagogischer Koffer“ des Dokumentationszentrums Prora

koffer

 

Zum Abschluss des Modellprojekts „Geschichte erleben in Prora“, unterstützt vom Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Programms „VIELFALT TUT GUT. Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie“ haben die pädagogischen Mitarbeiter des Dokumentationszentrums Prora eine Materialsammlung für Lehrer und Multiplikatoren zusammengestellt, die im Dokumentationszentrum Prora oder —> hier für 19,- Euro erhältlich ist. 

Die Materialsammlung ist für Jugendliche ab der Sekundarstufe I aller Schulformen und für die außerschulische Bildung geeignet. Sie enthält vier Mappen zu unterschiedlichen Themenbereichen. Alle Mappen können unabhängig voneinander bearbeitet werden. Die Materialsammlung kann einen Besuch Proras vorbereiten und einen Einblick in die Geschichte der Region geben. (Eine Karte der Insel mit eingetragenen Ortsnamen aus den Quellen befindet sich auf der beiliegenden DVD unter Extras.)

Die behandelten Themen orientieren sich an der Geschichte des unvollendeten „KdF-Seebades“ Prora, seinen Bezügen zur allgemeinen Geschichte des Nationalsozialismus, der NS-Organisation „Kraft durch Freude“, den Verbrechen des Zweiten Weltkrieges und der Ausbeutung ausländischer Zwangsarbeiter.

Billiger Urlaub war eine der Verlockungen, die die Nationalsozialisten dem deutschen Volk anboten. Den Mitgliedern der sogenannten Volksgemeinschaft wurden soziale Vergünstigungen versprochen. Unter Volksgemeinschaft verstanden die Nationalsozialisten einen rassisch definierten homogenen Volkskörper von Gleichgesinnten, abgesehen von Klassen- und Standesunterschieden. Dadurch sollte bei den arbeitenden Klassen die Illusion eines sozialen Aufstiegs entstehen.

Andererseits wurde sehr genau definiert, wer nicht zur Volksgemeinschaft gehören sollte, insb. Juden, Kranke, Behinderte oder Andersdenkende. Das „KdF-Seebad“ Prora gehörte zu den Verheißungen des Nationalsozialismus, zu den Angeboten an die Volksgemeinschaft, um in der Bevölkerung Zustimmung zum Regime zu gewinnen.

Aber in Prora zeigte sich auch die andere Seite des Nationalsozialismus, Terror und Zwang: in der Ausbeutung von Zwangsarbeitern oder der Ausbildung von Polizisten, die später am Holocaust mitwirkten. Diese zentralen Themenfelder der Geschichte des Nationalsozialismus werden durch Texte, historische Dokumente, Fotos und Zeitzeugenberichte in der Materialsammlung beleuchtet und durch Aufgaben pädagogisch erschlossen.

Die Materialsammlung gliedert sich in:

  • eine Broschüre für Pädagogen mit allgemeinen thematischen Einführungen und Hinweisen zu den Arbeitsaufträgen, Literaturhinweise und Glossar
  • vier Mappen mit Arbeitsaufträgen und Quellenblättern
    • Mappe A: Die Deutsche Volksgemeinschaft und die Ausgeschlossenen
    • Mappe B: Von der Arbeitslosigkeit zur Zwangsarbeit
    • Mappe C: Die NS-Organisation Kraft durch Freude und das Seebad der 20.000
    • Mappe D: Das Seebad Prora – Krieg und Nachkriegszeit
  • eine DVD mit Zeitzeugeninterviews, Transkriptionen, Literaturhinweisen, Glossar und Extras

Aufbau der Materialsammlung

Mappe A bietet Quellen zum nationalsozialistischen Konzept von Volksgemeinschaft in der Propaganda, Äußerungen von führenden Vertretern des Regimes und Beispiele für die Behandlung von Menschen, die nach der NS-Ideologie nicht zur Volksgemeinschaft gehören sollten. Dabei wurden Quellen gewählt, die ausgehend vom Ort des Seebades die Region Rügen betreffen, um zu zeigen, wie sich die nationalsozialistische Politik bis in die abgelegene Provinz auswirkte. Um aber auch zu verdeutlichen, dass viele der Ideen des Nationalsozialismus nicht vom Himmel fielen, sondern, wie beispielsweise der Antisemitismus, schon länger in der deutschen Gesellschaft verwurzelt waren, finden sich auch Dokumente zum sogenannten Bäder-Antisemitismus. Mappe A ist die umfangreichste Mappe.

Mappe B enthält Quellen zur Sozial- und Arbeitsmarktpolitik des Nationalsozialismus, in einer Gegenüberstellung von Dokumenten aus der Propaganda mit solchen, welche die Lebenswirklichkeit der Deutschen in der Volksgemeinschaft zeigen. Es wird ebenfalls gezeigt, was Arbeit für die anderen außerhalb der Volksgemeinschaft bedeutete, für die Millionen der ins Reich verschleppten Ausländer.

Mappe C erklärt den Bau des Seebades. Sie enthält Quellen über die Organisation Kraft durch Freude, die den Urlaub in Prora organisieren sollte, über Urlaub im Nationalsozialismus und zum Bau des Seebades selbst.

Mappe D schließlich beleuchtet die Nutzungsgeschichte des geplanten Seebades. Niemand hat hier Urlaub gemacht. Mit Kriegsbeginn 1939 wurden die Bauarbeiten gestoppt, Zwangsarbeiter sicherten den Bau. Statt Urlauber kamen zum Beispiel Polizisten zur Ausbildung nach Prora, später wurden sie im ganzen besetzten Europa eingesetzt, unter anderem bei der Deportation von Juden. Nach dem Krieg war die Nutzung zuerst offen, doch bald okkupierte Militär das Gelände. Prora wurde zu einer der größten Kasernen für die NVA, die Nationale Volksarmee.

Die Arbeitsaufträge …

sind den Mappen beigefügt und können für die selbstständige Arbeit von Jugendlichen mit der Materialsammlung hilfreich sein. Sie bieten einen Zugang zu den ausgewählten Quellen. Der Zeitrahmen ist dabei variabel: so können in Kleingruppen einzelne Themen in etwa 2 Unterrichtsstunden bearbeitet werden, das Material eignet sich aber auch für das Erarbeiten von Referaten und für Projekttage oder -wochen.
Die Quellenauswahl und die Fragestellung der einzelnen Arbeitsaufträge sind so angelegt, dass NS-Propaganda durch andere Quellen kontrastiert und dadurch eine kritische Reflektion möglich wird.

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